Syrien/Friedenskonferenz/fehlende Neutralität: Kerry und Ban-Ki-Moon – Ein Elefant und ein Duckmäuser

Wenn es nach US-Außenminister Kerry gegangen wäre, wäre Syrien wohl bereits von den Amerikanern und Engländern bombardiert worden (siehe hierzu zum Beispiel: Kerry wirbt in US-Senat für Militärschlag). So wie Libyen oder schlimmer noch der Irak. Gibt es aber irgendwo auf der Welt gefährlicheres Terrain als im Irak, in Libyen, in Afghanistan, in Pakistan, kurzum überall dort, wo versucht wird mit militärischen Mitteln gewaltsam Interessen durchzusetzen? Und was sind das für Interessen? Ist es wirklich der Frieden, ist es Demokratie, die das undurchsichtige Spiel des Westens mit der Macht bestimmt? Wer mag daran noch glauben, nach all dem, was in jüngerer und schon länger zurückliegender Zeit bekannt geworden ist? Wie die jüngst bekannt gewordene Studie zweier US-Forscher, der eine ehemaliger UN-Waffeninspekteur, der andere Professor am renommierten MIT, über die Giftgasangriffe in Syrien, die der offiziellen Darstellung der US-Regierung fundamental widerspricht. Die Darstellung der US-Regierung fand damals breiten und weitgehend unwidersprochenen Widerhall auch in deutschen Medien. Die Darstellung der Studie durch die beiden US-Forscher fand dagegen nur marginale Erwähnung. In den so genannten Leitmedien meines Wissens nach gar keine. Von Ban-Ki-Moon hat man bei der eingangs erwähnten Eskalation nicht viel gehört. Der Auftakt zur Syrien-Friedenskonferenz heute gibt wiederum wenig Anlass, dass diese beiden Diplomaten eine positive Figur machen – vor allem, weil sie nicht diplomatisch sind, sonder sich als Herren im Hause aufspielen.

Man muss kein Kenner der Situation in Syrien sein, um die Auftritte von Kerry und Ban-Ki-Moon zu bewerten – und zu verurteilen. Man muss sich nur – und das sollte doch grundsätzliche Voraussetzung jeder Diplomatie sein, die diesen Namen auch verdient und die Konfliktparteien mit dem Ziel zum Frieden zusammenbringen möchte – versuchen, in die Beteiligten auf beiden Seiten einzufühlen.

Der eine, Kerry, sagte zum Auftakt der Konferenz, dass für Assad kein Platz mehr sei und dass dieser jedwede Legitimation verloren habe. Zum einen: Wie kann man so eine Friedenskonferenz eröffnen, indem man einer der Konfliktparteien von vornherein die Legitimation abspricht und sich auf die Seite einer der Konfliktparteien schlägt? Was ist das anderes als der berühmte Elefant im Porzellanladen? Zum anderen: Vielleicht drückt dieser großspurige Habitus des amerikanischen Außenministers mehr als alles andere die kriegerische Außenpolitik nicht nur der USA aus und die Feindschaft, die ihnen in den bekannten Ländern entgegenschlägt, bis hin zu dem Terrorismus, der niemals und unter keinen Umständen zu rechtfertigen ist, dessen Grundlagen – nicht Schuldzuweisungen – aber gerade deswegen erklärt werden müssen. Die ganze innenpolitische Paranoia, das ganze Geheimdienstimperium, dass die US-Politik, aber auch andere Nationen, auch Deutschland, aufgebaut haben, um das Symptom, den Terrorismus zu bekämpfen, kann niemals erfolgreich sein, wenn es nicht gelingt, den Ursachen von Gewalt auf die Spur zu kommen und zu begegnen.

Der andere, Ban-Ki-Moon, meinte den syrischen Vertreter unterbrechen zu müssen, weil dieser die vorgesehene Redezeit um mehr zwanzig Minuten überschritten hatte. Im Deutschlandfunk kann das nachgehört werden. Und wer würde nicht, wenn er dies hört, dem syrischen Vertreter zustimmen, der Ban-Ki-Moon entgegenhält, dass dieser in New York lebe, er aber gekommen sei, das Schicksal Syriens aus seiner Sicht darzulegen? Jeder an einer Lösung interessierte Mensch, der auch nur zu ahnen versucht, was in diesem Land passiert, hätte jeder Seite der Konfliktpartner zur Not auch eine Stunde zugehört. Denn, ohne dass beide Seiten ihren Standpunkt zunächst deutlich machen, kann man sie gar nicht erst versuchen zu verstehen und eine Verhandlungsgrundlage schaffen. Wie aber sollen die Vereinten Nationen ihrer Rolle als Vermittler gerecht werden, wenn ihr oberster Funktionär ein parteiischer Duckmäuser ist? Anstatt einen respektvollen Umgang gegenüber den beiden Konfliktparteien einzufordern, hat Ban-Ki-Moon selbst jedes Problembewusstsein, jedes Einfühlungsvermögen und die unabdingbare Neutralität vermissen lassen.

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