Medienanalyse, Juni und 2. Quartal 2015: Wie häufig kamen die Parteien im öffentlichen Rundfunk zu Wort?

Hintergrund: Im Januar 2014 haben wir erneut damit begonnen, zu prüfen, wie häufig PolitikerInnen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Wort kommen. Zum Hintergrund und zur Relevanz dieser Arbeit verweisen wir auf den in 2013 allen Leserinnen und Lesern vorgestellten Beitrag. Im Jahr 2014 hatte es so gravierende Ungleichgewichte zwischen Parteien gegeben, dass wir vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2014 (“Grundsatz der Vielfaltsicherung”, siehe hier und hier) erwogen haben, das Bundesverfassungsgericht und den zu benachrichtigen. In seiner Antwort auf meinen offenen Brief hatte der Intendant des Deutschlandfunks, Willi Steul, zuvor bereits kritische Recherche-Ergebnisse aus unserer Medienanalyse eingestanden und Besserung gelobt (siehe dazu hier). Der Februar 2015 hatte aber ein weiteres Mal eine geradezu skandalöse Ungleichbehandlung, besonders zwischen den Oppositionsparteien, belegt. Es ist jedoch nicht allein die unterschiedliche Zahl der Interviews, die aufstößt. Im März hatte ich als Herausgeber von WuG daher einen offenen Brief an den Hörfunkrat geschrieben, um auf diese problematische Entwicklung aufmerksam zu machen. Der stellvertretende Vorsitzende des Hörfunkrats, Robert Clemen (CDU), hatte mich daraufhin darüber unterrichtet, dass meine “Beschwerde” bereits auf der Sitzung des Programmausschusses und der Sitzung des Hörfunkrats im März diskutiert werden würde. Er hat mich auch über das Ergebnis informiert, das wir in einem eigenen Beitrag thematisiert haben. Zuvor hatte mir bereits der Intendant des Deutschlandfunks, Willi Steul, auf meine “Beschwerde” geantwortet (siehe ebenda). Zu den Protokollen der Sitzungen gab es wiederum widersprüchliche Angaben. Zuletzt wurde ich vom Vorsitzenden des Hörfunkrats, Frank Schildt (SPD), in einem Brief darüber informiert, dass das Thema im Hörfunkrat lediglich “angesprochen” wurde, es aber keine “formelle Beratung” darüber gegeben hat. Vor diesem Hintergrund ist die Antwort des stellvertretenden Vorsitzenden, Robert Clemen (CDU), natürlich eine glatte Unverschämtheit. Der hatte mich in seinem Schreiben nach der Sitzung des Hörfunkrats darüber informiert, dass das Themen besprochen worden sei und auch zu Ergebnissen geführt habe (siehe sein Schreiben zitiert hier). Daraus ließ sich nur ablesen, dass das Thema nach dem dafür vorgesehenen Verfahren ordentlich beraten wurde. Höchst fragwürdig auch der folgende Passus in dem Brief von Schildt, nach dem der Programmausschuss darüber entscheidet, ob ein Thema im Hörfunkrat ordentlich beraten wird oder nicht. So ist es natürlich einfach, ein unbequemes Thema aus der Beratung herauszuhalten. Demokratische Kontrolle sieht wohl anders aus!

“…Mit der Entscheidung des Programmausschusses vom 11. März entfiel gemäß § 21 Absatz 2 eine weitere Beratung im Hörfunkrat. Sollten Sie dennoch den Hörfunkrat befassen wollen, so bitte ich um eine kurze Mitteilung…”

Das ursprüngliche Anliegen aber war ja gerade, dass sich der Hörfunkrat mit dem Thema befasst. Das bisherige Verfahren ist daher eine unglaubliche Fehlleistung der Verantwortlichen im Programmausschuss und im Hörfunkrat. Selbstverständlich habe ich diese Beratung in einer Mitteilung nunmehr erneut beantragt. Sie sollte am 21. Mai stattgefunden haben. Am Freitag, den 29. Mai, habe ich die zuständige Sachbearbeiterin angeschrieben und gebeten “mir das Protokoll mit dem Wortlaut der
Sitzung des Hörfunkrats vom 21. Mai 2015 per E-Mail zuzusenden.”

Der aktuelle Stand der Auseinandersetzung ist: Es wird der Öffentlichkeit, die den Deutschlandfunk per Zwangsabgaben finanziert, in Wirklichkeit gar kein aussagekräftiges Protokoll zur Verfügung gestellt. Stattdessen gibt es intransparente, wohlgefällige Berichterstattung, die zum Beispiel das von uns aufgeworfene Thema gar nicht erst öffentlich macht – obwohl es doch die vielleicht zentralste Frage der öffentlichen Meinungsbildung betrifft.

Am 2. Juni 2015 schrieb mir die Mitarbeiterin des Gremienbüros entsprechend:

“Sehr geehrter Herr Hild,

vielen Dank für Ihre Mail. Herr Schildt hatte Ihnen im Schreiben vom 16. April bereits mitgeteilt, dass die Protokolle des Programmausschusses des Hörfunkrates nicht öffentlich sind. Dies trifft auch auf die Protokolle des Hörfunkrates zu. Eine Zusammenfassung der Beratungen der Hörfunkratssitzungen und ergänzende Informationen über den Hörfunkrat finden Sie unter

…”

Die zur Sitzung des Hörfunkrats am 21. Mai aber ist ein absoluter Gefälligkeitsbericht und stinkt förmlich vor Eigenlob.

Am 1. Juni 2015 hatte mir Schildt wiederum mitgeteilt:

“Ihre Beschwerde war Gegenstand der Tagesordnung der Sitzung des Hörfunkrats…vom 21. Mai 2015.”

Allerdings könne der Hörfunkrat mangels Beschlussfähigkeit erst bei der nächsten Sitzung am 10. September 2015 in Berlin darüber befinden. Kein Grund, meines Erachtens, die Öffentlichkeit nicht über dieses Thema zu informieren, zumal sie ja bereits vorher Gegenstand war und, so schrieb Schildt ebenda:

“Der Programmausschuss hat Ihr Anliegen in seiner Sitzung am 20. Mai nochmals eingehend erörtert…Ich greife der Beschlussfassung im September des Hörfunkrats nicht vor, wenn ich Ihnen mitteile, dass der Programmausschuss seine Auffassung bekräftigt hat, der zufolge die Auswahl der Interviewpartner im Deutschlandfunk nach journalistischen Gesichtspunkten und tagesaktuellen Bedürfnissen des Programms folgt. Er hat dem Hörfunkrat empfohlen, Ihre Beschwerde zurückzuweisen. Der Hörfunkrat hat sich in seiner Sitzung am 21. Mai ein Meinungsbild zu Ihrer Beschwerde verschafft, das der Empfehlung des Programmausschusses entsprach. Wie bereits erwähnt findet die abschließende Beratung jedoch am 10. September statt.”

Dieses “Meinungsbild” kann angesichts der in unseren Medienanalysen aufgezeigten Verhältnisse nicht überzeugen, es geht auf diese ja auch überhaupt nicht ein; diese von uns aufgezeigten und nachgewiesenen Verhältnisse erscheinen eben gerade nach “journalistischen Gesichtspunkten” nicht gerechtfertigt und nachvollziehbar und auch und gerade gemessen an den “tagesaktuellen Bedürfnissen” nicht. Das zeigt ein weiteres Mal unsere aktuelle Analyse für das zweite Quartal 2015 (siehe unten, im Abonnement). Programmausschuss und Hörfunkrat müssen sich also den Vorwurf gefallen lassen, sich geradezu kafkaesk zu verhalten.

So auch der folgende Vorwurf von Schildt an mich, den er ebenfalls in seinem Brief vom 1. Juni 2015 (fälschlicherweise steht dort, warum auch immer, das Datum 2014) äußert:

Schildt, Brief vom 1. Juni 2015, Seite 2 (zur Vergrößerung auf Text klicken)

Diesen Einwand von Schildt aber geben meine Ausführung nicht her, wie leicht in der Quelle nachzulesen ist, die Schildt selbst in seinem Brief angibt. Darin merke ich lediglich an, dass es unter dem von Schildt selbst geschilderten Verfahren höchst einfach ist, “ein unbequemes Thema aus der Beratung herauszuhalten.” Anstatt sich damit kritisch auseinanderzusetzen, macht Schildt daraus einen persönlichen Vorwurf. Das zeigt aber nur einmal mehr auf welchem Niveau Programmausschuss und Hörfunkrat arbeiten, wenn selbst ihr Vorsitzender nicht dazu in der Lage ist, geäußerte Kritik richtig zu interpretieren bzw. ihr versucht auszuweichen. Auf diesem Niveau erscheint eine wenig realistisch.

Sobald uns das Ergebnis der Sitzung des Hörfunkrats vom 10. September über unsere Beschwerde vorliegt, werden wir Sie darüber informieren. Hier nun zunächst die Ergebnisse unserer Medienanalyse für den Monat Juni und das zweite Quartal 2015…Medienanalyse, Juni und 2. Quartal 2015: Wie häufig kamen die Parteien im öffentlichen Rundfunk zu Wort? (vollständiger Beitrag im Abonnement)

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