Wahlprogramm von CDU/CSU: Vollbeschäftigung voraus – aber warum erst 2025?

Das ist sensationell: Den ersten Meldungen zum Wahlprogramm von CDU/CSU zufolge, das erst morgen offiziell vorgestellt wird, ist Vollbeschäftigung ein zentrales Wahlversprechen. Damit besteht die Chance, dass ein wirtschaftspolitisches Ziel in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit rückt, das Politik und Medien über lange Zeit aus den Augen verloren haben. Wenn die Medien-Berichte stimmen, definieren CDU/CSU Vollbeschäftigung dabei so, wie wir es, in Anlehnung an das ehemalige Mitglied des Sachverständigenrats und des Direktoriums der Deutschen Bundesbank, Claus Köhler, seit langem tun: eine Arbeitslosenquote von drei Prozent. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass, wenn es nach CDU/CSU geht, Vollbeschäftigung erst “bis spätestens 2025” erreicht werden soll. Dabei ginge es sehr viel schneller.

Wie zu Beginn eines jeden Jahres haben wir erst im Februar auf Basis der Zahlen des Statistischen Bundesamts und der Bundesagentur für Arbeit berechnet, dass das hierfür notwendige jährliche Wirtschaftswachstum 2,7 Prozent betragen müsste. Dann würde die Arbeitslosenquote Jahr für Jahr um einen Prozentpunkt sinken und bereits 2019 rund drei Prozent betragen. Die Bundesregierung geht freilich von einem wesentlich niedrigeren Wirtschaftswachstum aus. So wohl auch CDU/CSU in ihrem Wahlprogramm.

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Dennoch wären CDU/CSU mit ihren Angaben der SPD schon einmal weit voraus. Der einzige Satz, den die SPD in ihrem Wahlprogramm über Vollbeschäftigung verliert, lautet: “Wir sorgen für sichere Arbeit. Und für Vollbeschäftigung in Deutschland.” Mehr nicht. Weder erfahren die Leser, was die SPD unter Vollbeschäftigung versteht, noch, wann sie diese beabsichtigt zu erreichen.

Angesichts der Beschäftigungspolitik von CDU/CSU und SPD seit der Agenda 2010 – und bereits davor unter Helmut Kohl – stellt sich allerdings noch eine weitere Frage: Wie beabsichtigen sie Vollbeschäftigung zu erreichen? Durch eine weitere Ausdehnung prekärer Beschäftigungsverhältnisse? Oder durch vollwertige Arbeitsplätze? Erfolge und Misserfolge am Arbeitsmarkt haben nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Dimension, wie die Diskussionen um den Niedriglohnsektor, um Armutsrenten, Ungleichheit und außenwirtschaftliche Ungleichgewichte belegen.

Eine andere Frage ist, inwieweit die Parteien die weiter gefasste, noch wesentlich höhere Unterbeschäftigung berücksichtigen.

Doch ungeachtet dieser offenen Fragen bleibt unter dem Strich schon jetzt eines positiv hervorzuheben: Vollbeschäftigung könnte dank des Wahlprogramms von CDU/CSU wieder in den Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Debatte rücken.


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