Abseits des Regierungsviertels: Berlin verstehen – Platz der Luftblockade?

Ein ganz normaler Donnerstag in Berlin. Heute vor zwei Tagen. Ich fahre selten U-Bahn, erledige fast alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Am Donnerstag aber, unterwegs zur Fidicinstraße, musste ich einmal wieder auf sie zurückgreifen. Meine Verabredung hat mir eine komfortable Wegbeschreibung gegeben. Ich müsse nur die U-6 nehmen und am Platz der Luftbrücke aussteigen, hinten aussteigen, dann wären es in Laufrichtung nur ein paar Schritte bis zur Fidicinstraße. Selbst ein Orientierungsesel wie ich konnte sich da unmöglich verlaufen.

Ich sitze in der U-Bahn und sinniere über den Platz der Luftbrücke. Ob die, die dort täglich ein- und aussteigen, besonders von der Bauruine BER betroffen sind, schießt es mir durch den Kopf. BER, das ist der bis heute und auf absehbare Zeit nicht fertiggestellte Flughfafen Berlin-Brandenburg. Schließlich müssen die Menschen, die dort wohnen, täglich am Platz der Luftbrücke ihren Weg zur Arbeit, zum Arbeitsamt oder zum Einkauf in der Innenstadt nehmen.

Während diese Gedanken in meinem Kopf kreisen, lese ich im “Berliner Fenster”, den Monitoren, die in der U-Bahn Nachrichten, Werbung und Veranstaltungshinweise ausstrahlen, dass Eltern vor dem Berliner Rathaus demonstrieren. Wegen maroder Schulen. Vielleicht gehört das ja irgendwie zusammen, überlege ich, ein nicht fertig werdender Großflughafen und marode Schulen. Berlin verstehen. Ich steige aus und verlasse die U-Bahn-Station Platz der Luftbrücke. Und ich wundere mich, dass das Hinweisschild zur U-Bahn noch kein Graphiti ziert: Platz der Luftblockade. Oder irgend etwas Ähnliches.

Gut, dass die U-6 wenigstens fährt, denke ich. Das aber stimmt auch nicht ganz. Seit Monaten (oder Jahren?) wird jetzt schon an einem Streckenabschnitt zwischen Friedrichstraße und Französische Straße gebaut. Diesen müssen die Menschen seitdem zu Fuß zurücklegen. Zum Glück gehe ich nun wirklich gern zu Fuß.

Ernst Fidicin (1802-1888) war Leiter des Berliner Stadtarchivs und hat sich um die Geschichte Berlins und Brandenburgs verdient gemacht. Was er wohl zum BER gesagt und geschrieben hätte, so im historischen Vergleich?

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