Die Staatsschulden: Immer wieder missverstanden

Gerade gestern habe ich im Zusammenhang mit der peinlich selbstgefällig daher kommenden Kritik des SPD-Parteichefs und des SPD-Kanzlerkandidaten am Bundestagswahlprogramm der CDU unter anderem kritisiert: “…Was stört ihn (Sigmar Gabriel, T.H.) aber nun an der Politik der CDU: ´100 Milliarden mehr Schulden, und dabei ist die Euro-Rettung noch gar nicht dabei.´ Jemand aber, der so über Schulden spricht, in absoluten Zahlen, der kann keine Alternative zur Bundesregierung sein, die ja selbst nichts mehr in den Vordergrund stellt, als den viel beschworen Schuldenabbau, die Haushaltskonsolidierung…”

Leider steht Gabriel mit seinem Fokus und noch dazu seiner falschen Sicht auf die Staatsschulden nicht allein. Ein Interview heute früh im Deutschlandfunk machte geradezu exemplarisch deutlich, dass sich Medien und Politik darin in nichts nachstehen.

Deutschlandfunk-Moderator Dirk Müller münzte in einem ausführlichen Interview mit dem CDU-Politiker Christean Wagern nahezu alle Fragen auf die Staatsschulden. Kein Wunder, denn Dirk Müller meinte gleich einleitend: “Die Union hat sich vom süßen Gift des Geldausgebens verleiten lassen – ein kluger Satz von Philipp Rösler…” Tja, wer solche Plattitüden des Staatsfeindes Nr. 1, der FDP, “klug” findet, von dem sind intelligente Fragen oder gar intelligentes Hinterfragen vorgefertigter Denkschablonen eben auch nicht zu erwarten. Dagegen sieht dann selbst der der gleichen Ideologie anhängende CDU-Politiker gut aus, wenn er immerhin feststellt:

“Das kann durch zusätzliches Wirtschaftswachstum kommen. Wir haben ja ein erhebliches Wirtschaftswachstum. Wirtschaftswachstum bedeutet ja zusätzliche Steuereinnahmen. Und wenn dieses Geld aus diesem zusätzlichen Wirtschaftswachstum kommt, dann haben wir auch Freiräume, um die angesprochenen Maßnahmen umzusetzen.”

Ich zitiere das deswegen (natürlich sind wir weit davon entfernt, “ein erhebliches Wirtschaftswachstum” zu haben; man sieht auch hier: gemessen an ihrer Qualifikation müsste man die meisten Politiker entlassen), weil die Staatsschulden natürlich immer im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung gesehen und bewertet werden müssen. Mit absoluten Zahlen zu hantieren führt absolut in die Irre und baut die Staatsschulden zwingend (und von den meisten wohl auch so gewollt) zu einer Drohkulisse auf, die nichts dringlicher erscheinen lässt, als eben diese abzubauen – und damit Wachstum und Arbeitsplätze zu vernichten. Genau hierüber gerät die berechtigte Kritik an Sätzen wie diesen: “Wir dürfen unseren Kindern und Enkeln keinen immer größer werdenden Schuldenberg hinterlassen.“ aus dem CDU-Bundestagswahlprogramm in den Hintergrund bzw. bekommt die Kritik eine falsche Richtung, weil man ja im falschen Rahmen der willkürlichen Schuldenmacherei verbleibt. So meint beispielsweise Spiegel online auf diese Weise die “Fakten checken” zu können, wenn er festhält:

“Fakt ist aber, dass die öffentlichen Gesamtschulden von Ende 2009 bis Ende 2012 deutlich zunahmen, und zwar von 1768,9 Milliarden auf 2166,3 Milliarden Euro.”

Es ist doch zum einen völlig klar und richtig (!), dass die Staatsschulden steigen, wenn – wie im Jahr 2009 – durch den Ausbruch der Finanz- und Eurokrise die Wirtschaftsleistung einbricht und mit ihr die Steuereinnahmen, hingegen die Ausgaben für Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit steigen; noch richtiger wird dies, wenn die Regierung mit Konjunkturpaketen gegensteuert. Genau das ist 2008/2009/2010 geschehen. Man kann sich über die Ausgestaltung der damaligen Maßnahmen trefflich streiten, auch über das sehr frühe Auslaufen (!) dieser unter schwarz-gelb, aber doch nicht über die Logik, dass bei einbrechendem Wirtschaftswachstum die Staatsschulden steigen.

Hier die Staatsschulden auf Basis derselben Zahlen, die auch der Spiegel zugrundelegt, jedoch ergänzend – und das ist wesentlich – im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung.

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Das Verständnis bzw. Unverständnis über die Staatschulden nicht nur in der CDU, sondern leider parteiübergreifend, unterliegt dem Wahlprogramm der CDU. Es ist richtig, dies zu kritisieren. Nicht aber, indem man dazu die gleiche falsche Sicht auf die Staatsschulden bemüht und damit verfestigt.


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