Energiewende aber richtig, Elektro-Mobilität: Kaufprämie ja – aber nur mit industriepolitischer Vorgabe
Energiewende - aber richtig

Die Kaufprämie zur Förderung von Elektro-Autos konkretisiert sich und scheint immer näher zu rücken. Käufer von Elektro-Autos sollen mit einer Prämie dafür belohnt werden, dass sie von den herkömmlichen Antriebstechnologien Abstand nehmen. SPD und Grüne fordern eine Kaufprämie von 5.000 Euro, geht aus einem Bericht in Spiegel online vom 2. Februar hervor. Während die Bundesregierung – allen voran der Bundesfinanzminister – die Auswirkungen einer Kaufprämie auf den Bundeshaushalt ängstigt, das Umweltministerium dagegen schon über Produktions-Quoten nachdenkt, mit denen sie die Automobilindustrie zur verstärkten Produktion von Elektro-Autos antreiben will, warnen Verbraucherverbände und die noch jedes Mal inflationär zu Energie-Themen interviewte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung lapidar vor einer Kaufprämie bei Fehlen einer gesamten Ausrichtung der Mobilität auf Nachhaltigkeit. Wer hätte das gedacht! Ein gewichtigeres Argument gegen eine Förderung hat demgegenüber jüngst der Handelsblatt-Journalist Norbert Häring ausführlich diskutiert: “Bei der Produktion des nötigen Stroms entstehen je nach Energiequelle zum Teil beträchtliche Emissionen.” Härings Sorge: “Nur die Autoindustrie wird auf jeden Fall profitieren.” Eine nahe liegende Option wird bisher dagegen gar nicht diskutiert. Sie hätte aber bereits bei der berühmten Abwrackprämie greifen sollen, kann die vorgetragenen Sorgen meines Erachtens entkräften und eine nachholende Entwicklung der Elektro-Mobilität in Deutschland gegenüber anderen Ländern, in denen die Elektro-Mobilität bereits wesentlich weiter vorangeschritten ist, beschleunigen.

Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass die Entwicklung der Elektro-Mobilität in den Ländern, in denen der Marktanteil von Elektro-Fahrzeugen deutlich über dem in Deutschland liegt, ohne deren besondere Förderung durch wirtschaftspolitische Maßnahmen wie Steuererleichterungen oder Kaufprämien kaum zu erklären ist. Während der Marktanteil von Elektro-Autos in Deutschland noch marginal ist (2015: 0,4%, siehe hier), liegt er beim Spitzenreiter Norwegen bei rund 23 Prozent (siehe hier). In den Niederlanden liegt der Anteil immerhin bei drei, in Schweden bei 1,6 Prozent (siehe ebenda). In all diesen Ländern werden Elektro-Fahrzeuge staatlich gefördert, sei es durch Steuererleichterungen gegenüber konventionellen Fahrzeugen, Kaufprämien und – sicherlich weniger ausschlaggebend – Vorteilen wie freiem Parken in den Stadtzentren.

Umfragen verweisen darüber hinaus auf die Reichweite und den Preis als größte Hindernisse für eine weitere Verbreitung von Elektro-Fahrzeugen in Deutschland. Deutsche Auto-Konzerne profitieren bei der Produktion von Elektro-Autos bisher vor allem von der Marktentwicklung in den Ländern, in denen Elektro-Fahrzeuge gezielt gefördert werden. So liegen beispielsweise die Produktionszahlen für Elektro-Fahrzeuge bei VW allein im Werk Wolfsburg deutlich über den in Deutschland für denselben Zeitraum registrierten Neuzulassungen von Elektro-Fahrzeugen insgesamt. Die Neuzulassung von Elektro-Fahrzeugen insgesamt stieg in Deutschland von 8.522 in 2014 auf 12.363 in 2015. Volkswagen berichtete zuletzt am 5. Januar 2016 über gestiegene Produktionszahlen von Elektro-Fahrzeugen in 2015: “Im größten Volkswagen Werk wurden 2015 deutlich mehr Elektro-Fahrzeuge produziert. Insgesamt liefen über 14.000 e-Golf* und fast 18.000 Golf GTE** im Mix mit den anderen Golf-Modellen vom Band.”

Ein systematischer und beschleunigter Ausbau der Elektro-Mobilität in Deutschland erscheint ohne eine politische Strategie nur schwer vorstellbar. Das gilt umso mehr unter den Bedingungen jetzt schon niedriger und voraussichtlich weiter fallender Ölpreise.

Hierzu sollten die Kaufprämie oder aber entsprechende Steuererleichterungen mit einer industriepolitischen Vorgabe an die Auto-Konzerne verbunden werden. Diese sollte grundsätzlich darauf ausgerichtet sein, ein Familien-taugliches Elektro-Fahrzeug zu produzieren, das nicht über 15.000 oder 20.000 Euro kostet und dessen Batterie eine Mindestreichweite haben müsste, die es für die Meisten praxistauglich macht. Würde dieses dann durch eine Kaufprämie – die wegen der schnelleren Wirksamkeit und aus verteilungspolitischen Gründen der Steuererleichterung vorzuziehen ist – von 5.000 Euro gefördert, wäre es sehr vielen Menschen möglich, ein Elektro-Fahrzeug zu fahren. Die Kaufprämie sollte unter dieser Voraussetzung dann für alle Elektro-Fahrzeuge gelten. Kaufkräftige Konsumenten würden sich voraussichtlich weiterhin für aufwändigere Elektro-Fahrzeuge entscheiden. Die Massenkaufkraft aber würde durch die industriepolitische Vorgabe, ein Elektro-Fahrzeug für 15.000 oder 20.000 Euro zu produzieren, auf dieses Elektro-Fahrzeug gelenkt.

Entsprechende Maßnahmen und Entwicklungen würden sich auch positiv auf Wachstum und Beschäftigung auswirken und damit auch positiv auf die öffentlichen Haushalte. Das entkräftet auch die häufig im Vordergrund stehende Frage der Finanzierung der Kaufprämie.

Auch Planung und Finanzierung des Ausbaus der Infrastruktur – Ausbau der Ladestationen für E-Fahrzeuge, Stromerzeugung – sollte dem Bund obliegen. Bei der Auftragsvergabe liegt es jedoch ebenfalls nahe, industriepolitische Vorgaben zu machen. So sollten Ladestationen und Batterien so genormt sein, dass sie einen einheitlichen Ladevorgang – ähnlich wie dem Bestehenden an den Tankstellen – bzw. Austausch leerer Batterien gegen volle ermöglichen.

Wie ist schließlich dem eingangs erwähnten Argument Härings zu begegnen, das ja durchaus nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA angeführt wird und hinter dem der Vorbehalt steckt, dass der Strom für die Elektro-Mobilität aus “schmutzigen” Stromquellen wie Kohle gewonnen wird? Entwicklungen in der Dimension der Energiewende verlaufen meines Erachtens nicht im Gleichschritt und müssen daher in die Zukunft gedacht werden. Schon jetzt wird der überwiegende Teil des Stroms durch erneuerbare Energiequellen erzeugt. Dieser Anteil wird weiter steigen. Auf diese Entwicklung zu warten, um erst dann die Elektromobilität zu fördern, hieße aber, die technologische Entwicklung bei der Elektromobilität zu bremsen bzw. zu verhindern. Eine Forcierung beider Entwicklungen könnte dagegen wechselseitig förderlich sein. Auch die Autoindustrie argumentiert, dass der Elektroantrieb nur dann die Umwelt schont, wenn der Strom dafür aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird. So heißt es beispielsweise bei VW: “Der Elektroantrieb schont die Umwelt. Allerdings nur dann, wenn der für den Antrieb genutzte Strom erneuerbar erzeugt wird. Für kurze Strecken bietet ein Elektroantrieb, der als Energiespeicher nur eine Batterie hat, eine gute Lösung. Allerdings sind Batteriefahrzeuge für Langstrecken auf absehbare Zeit keine Lösung. Hier könnte die Brennstoffzelle vzw. ein so genannter Brennstoffzellenstapel – das ist ein ganzes Bündel einzelner Brennstoffzellen – eine der vielversprechendsten Optionen sein. Es liefert den Strom für den Antrieb und die als Energiepuffer zwischengeschaltete Batterie. Der Strom muss nicht umständlich aus der Steckdose geladen werden, den Wasserstoff hat man im Tank, und aus dem Auspuff kommt nur unschädlicher Wasserdampf. Wichtig ist dabei, dass der Antriebsenergieträger Wasserstoff schadstoffarm, idealerweise sogar schadstofffrei erzeugt worden ist.“ Das unterstreicht noch einmal, dass eine Forcierung der Elektro-Mobilität mit einem forcierten Ausbau erneuerbarer Energien einhergehen müsste, aber eben auch mit entsprechenden Vorgaben an die Autoindustrie, das Elektro-Auto möglichst schnell für den Massenkonsum zu öffnen.


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