Deutsche Konjunktur: Export hui, Binnenwirtschaft pfui

Da ist er ja wieder, der Export. Der deutsche Außenhandelsüberschuss im Oktober 2012 lag mit sagenhaften 15,8 Mrd. Euro noch einmal 4,8 Mrd. Euro über dem im Oktober des Vorjahres. Der Leistungsbilanzüberschuss lag mit 13,6 Mrd. Euro nur knapp darunter, 3,7 Mrd. Euro mehr als im Vorjahresmonat.

Verkannte Entwicklung: Export bekommt Rezession in Eurozone zu spüren

Diese in den Nachrichten des Deutschlandfunks und anderer Medien aufgegriffene Meldung des Statistischen Bundesamtes verkennt jedoch eine Entwicklung, die die Meldung der Behörde ebenfalls enthält: Der deutsche Export bekommt längst auch die Rezession in der Eurozone deutlich zu spüren. Während die Exporte in die Eurozone gegenüber dem Vorjahresmonat zwar um 7 Prozent gestiegen sind, ist die Bilanz der vergangenen zehn Monate gegenüber denen des Vorjahres negativ (-1,2%).

Hohe Export-Steigerungen wurden in diesem Zeitraum in Drittländern außerhalb der Eurozone realisiert (+10,9%). Das Erstaunliche: Deutschland exportiert mittlerweile mehr in Drittländer (395,8 Mrd. Euro), als in die Eurozone (347,8 Mrd. Euro). Während der Handelsbilanzüberschuss mit der Eurozone aufgrund sinkender Exporte (-1,2) und steigender Importe (+1,4) zurückging, erhöhte Deutschland seinen Außenhandelsüberschuss mit Drittländern kräftig (Exporte: +10,9%; Importe: +1,7%).

(Zur Vergrößerung auf Graphik klicken.)

Insgesamt liegt der Außenhandelsüberschuss Deutschlands, das zeigt die Graphik des Statistischen Bundesamtes, seit 2010 nahezu unverändert hoch. Gegenüber Vorjahr haben sich Handelsbilanz- und Leistungsbilanzüberschuss in den Monaten Januar bis Oktober jedoch noch einmal ordentlich erhöht (+22,4%;+21,5%).

Rezession in Eurozone belastet auch Konjunktur in Drittländern

Die nachwievor hohen Außenhandelsüberschüsse Deutschlands, jetzt vor allem mit Drittländern, könnte die deutsche Politik meinen lassen, dass sie weiter machen könne wie bisher. Eine sich vertiefende Rezession in der Eurozone allerdings wird auch in zunehmendem Maße die Konjunktur in den Drittländern belasten und damit auch die deutschen Exporte dorthin. Mit steigenden Außenhandelsüberschüssen mit Drittländern stellt sich außerdem die Frage, wie lange diese dabei zuschauen und ihrer damit verbundenen steigenden Verschuldung nicht entgegenwirken.

Handwerk und Industrie im Rückwärtsgang

Das Statistische Bundesamt hat darüber hinaus heute auch Zahlen für das produzierende Gewerbe und das Handwerk vorgelegt. In beiden Fällen war die Entwicklung zuletzt negativ.

Das Handwerk setzte im dritten Quartal 3,7 Prozent weniger um als im Vorjahresquartal. Das schlug sich auch auf die Beschäftigung nieder (-0,7%).

Und auch die Produktion des produzierenden Gewerbes war weiter rückläufig. Nicht nur das Bauhauptgewerbe verzeichnete kräftige Einbußen (-5,3% gegenüber Vormonat), auch die Hersteller von Investitionsgütern fuhren ihre Produktion um 4,3 Prozent zurück; beides sind hoch sensible Sektoren für die weitere Entwicklung der Konjunktur; die negativen Zahlen verheißen nichts Positives; die Bundesregierung wird sich voraussichtlich nicht mehr lange auf Exporterfolgen der deutschen Wirtschaft ausruhen und die negative Entwicklung in der Eurozone wie der Weltkonjunktur insgesamt ignorieren können.

Siehe hierzu auch: Außenhandel: Statistisches Bundesamt wirft Nebelkerze Globalisierung (mit einem Kommentar von Heiner Flassbeck)

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