Was sich Europa nicht leisten kann: Politiker wie Alexander Graf Lambsdorff

Als wäre es nicht schon traurig genug, welch Abgeordnete die Parteien im Deutschen Bundestag aufzubieten haben. Von Zeit zu Zeit dringt auch Alexander Graf Lambsdorff von Brüssel herüber. Wäre Lambsdorff nicht nur von den Steuerzahlern bezahlt, sondern stünde er im Angestelltenverhältnis zu ihnen, also auch zu mir: Ich würde ihn feuern. Politiker wie er sind eine Gefahr für unser Gemeinwesen und den sozialen Frieden in Europa. Gerade hat der IWF das Scheitern seiner Krisenpolitik und das der EU-Kommission und der EZB eindrucksvoll unter Beweis gestellt, freilich ohne die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, da meldet sich der Adel aus Brüssel auf Spiegel online zu Wort, womit der Spiegel einmal mehr beweist, dass für ihn nicht der Inhalt, sondern der Name zählt.

Lambsdorff erweist sich gleich im ersten Absatz als maßloser Zyniker. Er nennt die drastischen Ausgaben- und Lohnkürzungen, die er den Krisenländern mit verordnet hat, “maßvolle Sparpolitik”. Allein dafür sollte man ihn auf die Straße setzen. Am besten auf eine griechische, portugiesische, spanische oder auch irische oder italienische Straße.

“Proteste” sind für diesen asozialen, von uns Steuerzahlern ausgehaltenen Lümmel “Reformverweigerung”. Und was das Denken anbelangt, kommt er über wahrscheinlich mühsam und über Jahre antrainierte ideologische Denkschablonen nicht hinaus:

“Wachstum, Arbeitsplätze und soziale Chancen werden in erster Linie durch die Privatwirtschaft erzeugt, wenn sie sich in Europa und auf den Weltmärkten behauptet.”

Und:

“Die Strohfeuer staatlicher Konjunkturprogramme bringen mittelfristig wenig bis nichts – außer weiter steigenden Schulden.”

So der ökonomische Klippschüler im Original auf Spiegel online, dessen Redaktion sich dringend für eine qualitative Firewall stark machen sollte.

Das Erstaunliche: Lambsdorff, heißt es in dessen Kurz-Vita auf Spiegel online, war bereits häufiger als Wahlbeobachter in Entwicklungsländern unterwegs. Es gibt aber kein – kein! – Entwicklungsland, das sich nach den ideologischen Vorstellungen Lambsdorffs jemals entwickelt hätte. Und auch aus der Wirtschaftskrise entwickelter Staaten hat der Markt allein noch nie heraus geführt. Aber was schert Lambsdorff die Realität. Fast meint man das berühmte “So mögen sie Kuchen essen“, wenn sie kein Brot haben, zwischen den Zeilen Lambsdorff herauszuhören.

Und natürlich darf auch diese Behauptung bei Lambsdorff nicht fehlen:

“Dass dieser Ansatz (´schmerzhafte Konsolidierung der öffentlichen Haushalte´) Früchte trägt, zeigt sich am Beispiel der hoch verschuldeten Mitgliedsländer Irland, Spanien und Portugal.”

Wir haben diese Mär gerade gestern für Irland und heute für Griechenland ausführlich widerlegt. An dieser Stelle nur die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen der von Lambsdorff genannten Länder seit Ausbruch der Krise und der oktroyierten “schmerzhaften Konsolidierung der öffentlichen Haushalte”, die nach Ansicht Lambsdorffs “Früchte trägt”.

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Auch die Industrieproduktion und die Exporte kommen laut Lambsdorff wieder in Fahrt. In der Tat lagen die Exporte 2012 in allen drei Ländern über dem Niveau von 2007. Das zeigt doch aber nur, dass diese Länder über Exporte eben nicht zu retten sind, auf die gerade Lambsdorff wie auch die deutsche Bundesregierung setzen. Nicht einmal in Irland mit einer Exportquote von über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung funktioniert das, wie wir gestern auf Basis neuester Daten gezeigt haben, geschweige denn in den anderen Ländern mit Exportquoten, die deutlich darunter liegen.

Nachdem Lambsdorff auf seine Weise noch schnell ein paar Krokodilstränen vergossen hat – “Natürlich darf man die Augen nicht vor dem Leid vieler Menschen in Europa verschließen, die jetzt in kurzer Zeit leidvolle Anpassungsprozesse verkraften müssen. Doch eine Abkehr von soliden Haushalten und entschlossenen Reformen ist nicht die Lösung.” – empfiehlt er schließlich, wie sollt es anders sein, die Agenda 2010, die Deutschland ja auch nicht “über Nacht zum Musterschüler Europas gemacht” hat. Lambsdorff empfiehlt Hollande daher schleunigst bei Gerhard Schröder anzurufen.

So unverbesserlich dumm Lambsdorffs Text ist, so klug ist ein Leser-Kommentar, der sich unter seinem Text findet, mit dem wir hier schließen können:

“Ich gestehe, dass ich mehr als die Überschrift und den Namen des Verfassers nicht gelesen habe… aber das reicht ja auch. Wenn Hollande kein neues 1789 herbeizuführen wünscht, sollte er die Telefonkosten sparen.”

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.


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