Bundestagswahlen: Vergesst das “Linksbündnis”

Das “Linksbündnis” wird nicht nur von CDU/CSU und FDP als Neuauflage der “Rote Socken Kampagne” bemüht, auch ehemals seriöse Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau nehmen gerade heute wieder die letzte ARD-Umfrage vor der Bundestagswahl zum Anlass, über eine geschlossene Opposition zu schreiben, als wäre sie tatsächlich eine linke Option für ein Regierungsbündnis: “Eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl gibt es laut einer neuen Umfrage ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Schwarz-Gelb und dem Oppositionslager aus SPD, Grünen und Linken. Laut der am Donnerstagabend veröffentlichten Vorwahlumfrage des ARD-´Deutschlandtrends´ erreichen Union und FDP zusammen 45 Prozent. SPD, Grüne und Linke kommen demnach auf 46 Prozent.” “Linksbündnis überholt Schwarz-Gelb”, tituliert vor dem gleichen Hintergrund das Handelsblatt.

Ein “Linksbündnis” aber setzt voraus, dass es mehrere linke Parteien gibt. Das aber ist nicht gegeben.

Die Grünen wollen zwar immerhin die Sanktionen bei Hartz IV aussetzen. Ein klares Nein zum Krieg ist ihnen aber weiterhin fremd. Im Gegenteil, führende Politiker der Grünen sind vorgeprescht und haben sich für einen Militärschlag der USA in Syrien ausgesprochen.

Die SPD denkt nicht einmal darüber nach, die Sanktionen bei Hartz IV auszusetzen, erst recht nicht, ihre mit der Agenda 2010 einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer ausgerichtete Arbeitsmarktpolitik grundsätzlich in Frage zu stellen. Gleiches gilt für die Rente. Das wollen die Grünen auch nicht. Auch die SPD stellt Krieg als Mittel zur Lösung politischer Konflikte und ihre darauf gründende Außenpolitik nicht grundsätzlich in Frage.

An Krieg und der sozialen Frage aber muss sich linke Politik messen lassen und von der konservativen Politik von CDU/CSU und FDP unterscheiden. Diesen Anspruch erhebt zur Zeit nur Die Linke. Natürlich ist es dann richtig, nach möglichen inhaltlichen Schnittmengen zu suchen, wie es beispielsweise Gregor Gysi in den vergangenen Monaten unternommen hat. Allein, nichts hat besser gezeigt, dass insbesondere die SPD, aber auch die Grünen, weit davon entfernt sind, dies zu honorieren und ihrerseits aktiv zu werden, als deren heftige Distanzierungen von solchen Avancen. Da blökt selbst ein so genannter SPD-Linker wie Ralph Stegner noch etwas von “Verrückten und SPD Hassern” und (er)eifert so seinem Agenda-Freund und Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel nach.

Es gibt kein Linksbündnis. Und so groß die verständliche Sehnsucht auch linker politisch engagierter Menschen nach eben einem solchen Bündnis ist, sollte dies doch nicht den Blick auf die Realitäten verstellen. Die Realität sieht dann auch eher so aus, wie es Spiegel online ebenfalls heute früh aus vertrauten Kreisen erfahren haben will: “Gespräche über mögliche große Koalition: Steinbrück erhebt Führungsanspruch.” Wobei natürlich auch Steinbrück der Realitätsinn längst abhanden gekommen ist.

Wenn sich aber schon SPD und Grüne nicht auf linke politische Inhalte konzentrieren, die diesen Namen auch verdienen, und auch die Medien dies nicht leisten, sollte wenigstens der Wähler die Kraft aufbringen, dies, trotz aller Hoffnungen und Enttäuschungen, zu tun.

Ist er für soziale Ausgrenzung oder halbherzige Verbesserungen derselben, sollte er SPD wählen. In einer großen Koalition würde die SPD der CDU/CSU vielleicht ein paar soziale Brocken hinwerfen, die letztere möglicherweise notgedrungen aufgreifen würden. Was die Kriegslust anbelangt, hat sich auch die jetzige Regierungskoalition in Zurückhaltung geübt, vielleicht mehr als rot-grün in der Vergangenheit. Hier besteht also für jene Wähler Aussicht auf eine gleichbleibende Entwicklung. In der zentralen Frage der Eurokrise hat die SPD bis heute kein eigenständiges Konzept. Das ist auch unmöglich, solange sie nicht ihre Agenda-Politik hinterfragt, sondern diese auch als Lösungsansatz für die “Krisenländer” begreift. Wir haben dies an anderer Stelle häufig genug analysiert und aufgezeigt. Dieser kurze aber grundsätzliche Abriss zeigt: mit der SPD ist derzeit und wohl auch auf absehbare Zeit kein Linksbündnis, sondern nur ein Rechtsbündnis möglich.

Wer sich oder anderen wenigstens wünscht, dass Hartz-Sanktionen ausgesetzt werden und Krieg als Mittel zur Lösung politischer Konflikte nicht ausschließen möchte, der wähle die Grünen. Die Grünen werden dies dann wie gehabt in der Opposition vertreten. Gleichzeitig wäre es halbwegs gesichert, dass die Grünen in Regierungsverantwortung nicht als Kriegstreiber fungieren können. Keine andere im Bundestag vertretene Partei hat den Finger so nah am Abzug wie die Grünen – mit Ausnahme Hans-Christian Ströbeles, der verdienstvollerweise erneut versucht, in Berlin-Kreuzberg ein Direktmandat zu erringen. In der Frage der Eurokrise sind die Grünen auch nicht konsistent, benennen aber immerhin einige wichtige Probleme, die SPD, CDU/CSU und FDP gern ausblenden, wie die Leistungsbilanzungleichgewichte beispielsweise.

Wer sich nun eine grundlegende Stärkung von Arbeitnehmern und sozial Benachteiligten wünscht, eine nennenswerte Stärkung des Staates und des sozialen Ausgleichs wünscht und in der Frage von Krieg und Frieden immer auf Verhandlungen setzt (kein Adolph Hitler weit und breit, der den Griff zur Waffe rechtfertigen würde), der wählt Die Linke. Die Chance, dass sich auch SPD und Grüne wieder diese linken Inhalte und Ziele zu eigen machen, würde dadurch ebenfalls gestärkt. Durchaus also auch eine Option für sozial- und friedenspolitisch orientierte Wähler, die sich eine SPD wünschen, die sich auch wieder entsprechend zu orientieren beginnt. Was die Eurokrise anbelangt, hat Die Linke als einzige Partei gegen die menschenverachtenden und ökonomisch sinnlosen “Rettungsprogramme” im Deutschen Bundestag gestimmt und sich mit umfangreichen Studien aus dritter Hand (Heiner Flassbeck und andere) bemüht, ihre politischen Positionen ökonomisch zu fundieren. Auch das ist sicherlich noch ausbaufähig, eine eigene Linie, die gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge von den genannten Parteien am stärksten berücksichtigt, jedoch gegeben.

So betrachtet, ich bin selbst überrascht, haben wir doch eine Wahl.

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