Eurokrise: Kocheler Kreis fordert Bundesregierung zum Umsteuern auf

Hier tagt im Winter der Kocheler Kreis der Friedrich Ebert Stiftung: Schloss Aspenstein in Kochel am See mit Tagungshaus

Der Kocheler Kreis der Friedrich Ebert Stiftung hat vom 13. bis 15. Januar in Kochel am See seine jährliche Wintertagung abgehalten. Das Thema: “Die Eurozone vor dem Zerfall? Ursachen, Auswirkungen, Rettungsmaßnahmen“. Bereits im Januar des Vorjahres bestimmte die Eurokrise die Agenda des Kocheler Kreises. Da hieß es noch: “Euroland in der Krise – die Zukunft des Euro“.

Allerdings sprachen die Ökonomen Friederike Spieker und Heiner Flassbeck schon im vergangenen Jahr von “einem langen Abschied“. Dafür, dass die Probleme der Eurozone seitdem nicht geringer geworden sind, sondern weiter an Dringlichkeit gewonnen haben, spricht auch, dass dieses Mal am Ende der Veranstaltung eine “Erklärung zur Krise in der Europäischen Währungsunion” verabschiedet wurde.

In der Erklärung wird die besondere Rolle Deutschlands hervorgehoben, wie auch die vor einem Jahr von Spieker und Flassbeck thematiserten Leistungsbilanzungleichgewichte und die ihnen zugrunde liegenden Lohnstückkosten:

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“Gefragt ist deshalb dringend ein Politikwechsel in Europa und insbesondere in der deutschen Europapolitik. Die bisherige Politik setzt zu einseitig auf immer neue Sparpakete, vernachlässigt die Förderung von Wirtschaftswachstum und ignoriert die tieferen Ursachen der „Staatsschuldenkrise“, nämlich die seit über einem Jahrzehnt gewachsenen Divergenzen bei Lohnstückkosten und Leistungsbilanzsalden in Europa sowie die globale Finanzkrise 2008/9.”

Die Forderungen des Kocheler Kreises sind an die Bundesregierung gerichtet. Vor dem Hintergrund aber, dass die Partei- und Fraktionsspitze der SPD bis heute ebenfalls kein kohärentes Konzept zur Bewältigung der Eurokrise vorzuweisen hat und dem Parteivorsitzenden der Sparkurs der Kanzlerin immer noch nicht weit genug geht, könnte sich der Aufruf genauso gut auch an die SPD-Spitze richten. Verwiesen sei hier nur auf die in der Erklärung angeführte Kritik an der

  • einseitigen Fokussierung auf striktere fiskalpolitische Regeln
  • Konsolidierung moderater öffentlicher Defizite in Ländern mit Leistungsbilanzüberschüssen
  • mangelnder Inlandsnachfrage und mangelnder öffentlichen Investitionen
  • Fundamentalopposition gegen alle Formen von Eurobonds (auch hier gibt es bis heute keine klare Position in der SPD).

Dass es dabei nicht an stringenten Ansätzen in der SPD mangelt, diese aber keine Mehrheit finden, darüber klärte der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel in seinem Vortrag “Die Überwindung der Eurokrise aus politischer Sicht” auf. Wirtschaft und Gesellschaft hat auf entsprechende Papiere und Appelle aus der SPD-Bundestagsfraktion immer wieder aufmerksam gemacht.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt hierbei ist, dass in Fragen der Eurokrise die so genannten Haushälter das sagen haben. Sie sind es dann auch, die in Fragen der Eurozone vor die Medien treten und den Kurs vorgeben. Das Problem dabei: Es fehlt ihnen ganz offensichtlich der Blick fürs Ganze. Sie schauen zu sehr auf die Haushaltsdefizite, ohne aber die gesamtwirtschaftlichen Folgen ihrer Konsolidierungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Die logische Konsequenz daraus kann m.E. nur sein, dass die SPD an solch verantwortungsvolle Stelle jemanden setzen muss, der eben mit gesamtwirtschaftlichem Sachverstand ausgestattet ist. Das ist beim haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, ganz offensichtlich nicht der Fall. “Unermüdlich wirbt er – übrigens auch unter Genossen – für größere Sparanstrengungen. Das ist sein Generalthema. Für die Schuldenbremse im Grundgesetz hat er schon gekämpft, als das in der SPD noch eine Minderheitsposition war”, heißt es treffend in einem Porträt des Cicero vom 15. Januar 2012. Treffend auch die Beschreibung des Haushaltsauschusses:

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“Als Ersatz wurde ihm (Carsten Schneider) der Platz im Haushaltsausschuss angeboten, und damit ein Sitz im „Olymp“ des Parlaments. Denn wer hier Platz nimmt, hat mehr Einfluss und Macht als mancher Minister, weil er darüber entscheidet, welches Projekt prioritär finanziert wird und welches nicht – und zwar unabhängig davon, ob man der Regierungspartei angehört oder der Opposition. Haushälter sind deshalb auch immer eine verschworene Gemeinschaft und untereinander fast immer per ´Du´. Das hilft gelegentlich – auch bei kontroversen öffentlichen Debatten.”

Es hilft aber leider nicht bei der Lösung gesamtwirtschaftlicher Krisen.

Ohne einen inhaltlichen und personellen Schwenk zu gesamtwirtschaftlichem Denken, wird aller Wahrscheinlichkeit folglich auch die SPD nicht an Kontur gewinnen und auch weiterhin – wie die Bundesregierung – den Entwicklungen in der Eurozone hinterherlaufen.

Die Erklärung des Kocheler Kreises ist hier nachzulesen:

Erklärung des Kocheler Kreises zur EWU-Krise

 


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