Trump, Brexit: Warum deutsche Medien regelmäßig daneben liegen

Die Berichterstattung deutscher Medien ist möglicherweise Opfer der Wunschvorstellungen ihrer Redaktionen. Eine Konsequenz: Die Menschen werden schlecht informiert.

Das jüngste Beispiel: Die Nachwahl in Georgia, USA. Was wurde nicht alles in diese Wahl hineininterpretiert. Wenn jetzt, nach dem Sieg des republikanischen Kandidaten, der Spiegel mit “Nur Anti-Trump – das reicht nicht“ aufmacht, dann sollten sich das Magazin wie die einschlägigen Medien in Deutschland insgesamt dies gleichsam als Spiegel vorhalten, um ihrer eigene Arbeit einmal selbstkritisch in Augenschein zu nehmen.

Nicht anders verhält es sich mit der Berichterstattung über den Brexit. Wie konnten die Medien nur davon ausgehen, dass sich wegen der innenpolitischen Situation – Terror, schwaches Wahlergebnis für May – das Datum für den Auftakt der Verhandlungen über den Brexit verschieben würde? Sie taten dies schon zuvor des Öfteren. Auch hier ist offensichtlich der Wunsch der Vater des Gedankens.

Erfüllt hat sich bisher auch nicht die mediale Schwarzmalerei, dass die Konjunktur in den USA und Großbritannien mit Trump und dem Brexit auf Talfahrt geht. Das Gegenteil ist der Fall. Die wirtschaftliche Entwicklung zeigte sich bis zuletzt – ganz im Gegensatz zu den politischen Verwerfungen – stabil bis aufwärts gerichtet (siehe hierzu unsere Konjunkturanalysen).

Dabei gibt es durchaus genügend Gründe, Trump und den Brexit abzulehnen oder vor ihnen zu warnen. Es aber so plump, ohne jedes Abwägen und ohne jede Substanz zu tun, wie es etablierte private und öffentlich-rechtliche Medien in Deutschland unternehmen, müsste an sich allen seriösen Medienvertretern aufstoßen. Dümmliche Parteilichkeit kann nüchterne Recherche und kritisches Hinterfragen schwerlich ersetzen.

Es gibt sie auch noch, die nüchterne Recherche und das kritische Hinterfragen in den etablierten Medien. Nicht selten gehen sie allerdings unter in der Flut der tagesaktuellen Nachrichten und Kommentare, die die Berichterstattung beherrschen (eine sachliche Berichterstattung zur Nachwahl findet sich in der Süddeutschen Zeitung online). Umso wichtiger ist es zwischen den Zeilen zu lesen, Vorhersagen und tatsächliche Entwicklungen zu vergleichen und sich an Berichte und Analysen zu halten, die ihre Inhalte auch mit überzeugenden Daten und Zusammenhängen zu belegen suchen.


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