Tag Archiv für Demokratie

Die Lage: Das Positive nicht übersehen

Gewiss, um die Welt ist es nicht gut bestellt: Syrien, Afghanistan, Jemen und andere Schlachtfelder und ihre unerhörten Opfer. Massenarbeitslosigkeit in vielen Teilen der Welt, auch in Europa, auch in Deutschland. Politischer Populismus, wohin man hört und schaut. Politische Polarisierung. Unkritische oder in ihrer Kritik häufig nicht eben tiefschürfende Medien und so genannte Experten. Weltweite Armut. Weltweite Einkommens- und Vermögenskonzentration. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Aber, man darf das Positive nicht übersehen.

Frankreich: Macron als höchstes Stadium der Post-Politik – Von Chantal Mouffe

Anmerkung der Redaktion: Chantal Mouffe ist Professorin an der Westminster-Universität London. Die Autorin wirft dem französischen Präsidenten vor, in perfekter Art und Weise eine Politik zu verkörpern, die Debatten dadurch verhindert, dass sie jede Opposition zu Extremisten abstempelt – um ihr eigenes liberales Gedankengut durchzusetzen. Der Artikel ist zuerst in der französischen Tageszeitung Le Monde erschienen und erscheint mit Zustimmung der Autorin von Gerhard Kilper ins Deutsche übersetzt in Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung.

Alles wie gewohnt?

Gewöhnen sich die Menschen an den Ist-Zustand in Deutschland und der Welt: Terror, Krieg, soziale Not, überbordender Reichtum, nationale Bestrebungen und den Umgang der Politik damit? Wie sonst lässt sich erklären, dass sich die große Mehrheit der Menschen vermutlich gar nicht für Politik interessiert? Wann haben Sie zuletzt eine Zeitung in die Hand genommen oder sich im Internet tiefergehend mit Informationen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auseinandergesetzt? Kannten Sie Martin Schulz, bevor er von der SPD zum Kanzlerkandidaten ausgerufen wurde? Er war vorher immerhin Präsident des Europäischen Parlaments. Ich kenne gleich einige, die mit seinem Namen nichts anfangen konnten.

Medienanalyse, April 2017: Wie häufig kamen die Parteien im öffentlichen Rundfunk zu Wort (seit Mai 2016: nachrichtlich ergänzt um AfD und FDP)?

English summary: Each month WuG presents a media analysis answering the question how often German parties, represented in the national parliament of the Federal Republic of Germany, Deutsche Bundestag, are being interviewed by German public broadcasting. This is in our view decisive for a democratic formation of opinion.

Geschützt: Medienanalyse, April 2017: Wie häufig kamen die Parteien im öffentlichen Rundfunk zu Wort (seit Mai 2016: nachrichtlich ergänzt um AfD und FDP)? (vollständiger Beitrag im Abonnement)

Medienanalyse, Februar 2017: Wie häufig kamen die Parteien im öffentlichen Rundfunk zu Wort (seit Mai 2016: nachrichtlich ergänzt um AfD und FDP)?

English summary: Each month WuG presents a media analysis answering the question how often German parties, represented in the national parliament of the Federal Republic of Germany, Deutsche Bundestag, are being interviewed by German public broadcasting. This is in our view decisive for a democratic formation of opinion.

Geschützt: Medienanalyse, Februar 2017: Wie häufig kamen die Parteien im öffentlichen Rundfunk zu Wort (seit Mai 2016: nachrichtlich ergänzt um AfD und FDP)? (vollständiger Beitrag im Abonnement)

Drittmittel korrumpieren die Hochschulforschung – Von Wolfgang Lieb*

Unter dem Tarnwort “Autonomie” wurde im deutschen Hochschulwesen ein Systemwechsel von der sich selbstverwaltenden Gruppenuniversität zur “unternehmerischen” Hochschule vollzogen. In “” Hochschulen entscheiden “Vorstandsvorsitzende” (so damals das LHG B-W 2005) “autonom” über Strategie, Personalentwicklung, Stellenumwidmungen oder Leistungsbezüge. “Führungspersönlichkeiten” aus der Wirtschaft dominieren die Hochschulräte (Röbken/Schütz, die hochschule 2/13, S. 96ff. [99]). In Baden-Württemberg waren nach offiziellen Angaben im Jahre 2012 von 251 Hochschulratsmitgliedern 134 Führungskräfte der Wirtschaft als tätig. Profitorientierte private Agenturen entscheiden (in verfassungswidriger Weise) über Studiengänge und deren Qualität.

Was bei der Diskussion über “Manipulation”, “fake news” und “postfaktisch” droht, unter den Tisch zu fallen

Ja, es gibt sie, die so genannte Manipulation, die so genannten fake news, die immer häufiger unter dem nunmehr zum Wort des Jahres erkorenen Adjektiv postfaktisch diskutiert werden. Die Leiterin der Dudenreaktion, Dr. Kathrin Kunkel-Razum, macht darauf aufmerksam, dass es keine geringere als Bundeskanzlerin Angela Merkel war, die diesem Wort zum Durchbruch verholfen hat: “Spätestens als die Kanzlerin das Wort postfaktisch als solches thematisierte, war klar, dass es gute Chancen hätte, ´Wort des Jahres zu werden”. Die Dudenredaktion zitiert Angela Merkel: “Sie sagte bei einem Auftritt: ´Es heißt ja neuerdings, wir lebten in postfaktischen Zeiten. Das soll wohl heißen, die Menschen interessieren sich nicht mehr für Fakten, sondern folgen allein den Gefühlen.” Stimmt diese Vermutung aber in der von der Kanzlerin artikulierten Pauschalität? Vor allem aber: Ist das Phänomen, sich nicht mehr für Fakten zu interessieren und stattdessen den Gefühlen zu folgen, nur eines, das sich in den sozialen Netzwerken Bahn bricht – oder ist dieses Phänomen nicht schon sehr viel älter und haben ihm keineswegs zuerst “die Menschen”, sondern Politik und Medien zum Durchbruch verholfen? Ja, würde es dieses Phänomen in den Netzwerken möglicherweise gar nicht geben und hätten Netzwerke wie facebook und twitter möglicherweise gar nicht ihre heutige Bedeutung als Nachrichten-Medium erlangt, hätten Politik und Medien nicht ihrerseits fundamental versagt – auch die Bundeskanzlerin? Konnte das, was jetzt durchaus zurecht als Manipulation, fake news und postfaktisch beklagt wird, entstehen, ohne ein Umfeld, das die Politik geschaffen hat, und ohne Medien, die diese Entwicklung weitgehend unkritisch begleitet, sie häufig sogar vorangetrieben haben?

Die Macher von Trump, Le Pen und AfD

Nicht nur die deutschen Medien gerieren sich mehrheitlich als Moralapostel, auch die amerikanischen, auch die französischen. Dasselbe gilt für die (noch) Regierenden, denen jene Medien nach dem Mund schreiben und reden. Da wundert es nicht, wenn dort einiges durcheinander geht. Beide übersehen, dass sie die eigentlichen Macher von Trump, Le Pen und AfD sind. Der von ihnen monierte Populismus, der von ihnen an die Populisten und die ihnen dienenden sozialen Netzwerke gerichtete Vorwurf, diese würden Lügen verbreiten, mag zu weiten Teilen stimmen. Er trifft aber schon viel länger auf die etablierte Politik und die etablierten Medien zu. Wären beide ihrer Verantwortung gerecht geworden, wäre es niemals so weit gekommen.