Beim Wort genommen: Schröder, Gabriel, Merkel, Maizière – geistige Brandstifter? (27.07.2011)

::Buchtipp::


Die Stichwortgeber für ausländerfeindliche Stimmungen und Ausgrenzung hierzulande heißen nicht nur Sarrazin und Broder, sie sitzen auch in der Regierung – und im Willy Brandt Haus

Gestern, 26. Juli, auf der „Seite Drei“ in der Süddeutschen Zeitung. Ich sitze behaglich in einem Berliner Kaffeehaus und lese. Die Überschrift: „Wer bist Du?“. Die Journalisten Hermann, Leyendecker und Richter stellen diese Frage. Gerichtet ist sie an den Norweger und mutmaßlichen Massenmörder Breivik. Ich bin gerade etwa in der Mitte des Artikels angekommen, da lese ich:

„Es kommt in den Rechtfertigungen von Rechtsextremisten öfter vor, dass echte oder angebliche frühere ausländische Freunde erwähnt werden und die Beteuerung, selbst kein Rassist zu sein. Breivik findet allerdings in seinem Wahn-Manifest: Wer aus der Fremde kommt und sich nicht einordnet, sollte bald in seine Heimat zurückgeschickt werden.“

Ich stutze. Habe ich diese Aussage nicht schön öfters gelesen, von der Kanzlerin, Angela Merkel, gar oder ihrem Vorgänger, Gerhard Schröder? Ich nehme mir vor, zu Hause einmal dazu zu recherchieren. Leider aber finde ich den Artikel von Herrmann, Leyendecker und Richter nicht online. Ich rufe im Kaffeehaus an und bitte, mir die Süddeutsche Zeitung zurückzulegen. Ich würde sie mir am nächsten Morgen herausholen.

Jetzt sitze ich wieder vor dem Kaffeehaus. Die Sonne scheint. Schäfchenwolken. Nur weiter hinten verdunkelt sich der Himmel. Diese Kulisse passt denke ich und beginne meine Recherche.

Hier das Ergebnis:

Gerhard Schröder in der BILD am Sonntag , 20. Juli 1997: „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: raus, und zwar schnell.“ (Quelle: hier und hier)

Bleiben wir zunächst noch bei den Sozialdemokraten und zitieren ihren derzeitigen Parteivorsitzenden:

Sigmar Gabriel am 20. September 2010 zu Spiegel-online: „Wer auf Dauer alle Integrationsangebote ablehnt, der kann ebenso wenig in Deutschland bleiben wie vom Ausland bezahlte Hassprediger in Moscheen.“ (Quelle: SPD – Gabriel fordert härtere Gangart in der Ausländerpolitik)

Interessant ist in diesem Zusammenhang, was von dieser schon an Klarheit nichts vermissender Botschaft übrig bleibt, wenn sie von den Medien aufgegriffen wird: Mit Bezug auf die hier zitierte Aussage Gabriels macht bspw. das Neue Deutschland einen Tag später mit folgender Überschrift auf:

Dieses Phänomen, das Politikerinnen und Politiker natürlich kennen bzw. kennen müssen, tritt auch in der folgenden Aussage der Bundeskanzlerin auf:

Angela Merkel am 18. September 2010 im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ):

„…FAZ: Wie wollen Sie mit den zehn bis fünfzehn Prozent Integrationsunwilligen umgehen?Merkel: Mit Strenge. Wer neu zuzieht und den verpflichtenden Integrationskurs nicht besucht, muss die Konsequenzen tragen…“

(Quelle: In Toleranz und Respekt miteinander leben)

Zuletzt sei an dieser Stelle der damalige Innenminister und heutige Verteidigungsminister, Thomas de Maizière, aufgegriffen. Von ihm ist am 25. November 2010 unter der Überschrift „Abschiebemöglichkeit für Integrationsunwillige prüfen“ zu lesen:

„Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will erweiterte Abschiebemöglichkeiten für integrationsunwillige Ausländer prüfen. Das kündigte er am Donnerstag in der Haushaltsdebatte im Bundestag an. In Deutschland seien alle willkommen, die rechtmäßig in Deutschland leben, sich ihren Lebensunterhalt sichern und sich zur Werteordnung bekennen, unabhängig von ihrer Religion. Den Anderen müsse Deutschland aber zeigen, ´dass wir ihr Verhalten ablehnen und dass wir das nicht dulden´. Auch die Überprüfung des Aufenthaltsstatus sei eine Maßnahme, wenn Migranten beispielsweise an einem verpflichtenden Integrationskurs nicht teilnähmen.“

Diese Kette mit Beispielen ließe sich ohne lange zu suchen verlängern.

Am Ende des zu Beginn aufgegriffenen Artikels von Herrmann, Leyendecker und Richter ist zu lesen:

„Jetzt trägt Oslo Trauer.“

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Auch in Deutschland wird mit getrauert, auch von offizieller Seite. Das ist gut. Diejenigen, die in diesem Land politische Verantwortung tragen, sollten aber auch schleunigst ihre eigene Politik kritisch zu hinterfragen beginnen. Vielleicht helfen ihnen die oben zitierten Aussagen bei der Selbstreflexion auf die Sprünge. Freilich macht nicht nur der Ton die Musik – auch die Politik selbst muss sich ändern: weg von verantwortungsloser Stigmatisierung und Ausgrenzung und hin zu einer glaubwürdigen Politik, die sich wieder der Menschen und ihrer Probleme annimmt, die die Gesellschaft wieder zusammenführt. Die Sozial- und Wirtschaftspolitik unter rot-grüner Ägide, wie unter rot-schwarzer und schwarz-gelber Regierungsverantwortung hat in dieser Hinsicht kläglich versagt. Wenn es einen Integrationsverweigerer gab und gibt, dann war und ist es die Politik der vergangenen zwei Jahrzehnte.


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