Tag Archiv für Wettbewerbsfähigkeit

Eurokrise: Selbst ideologisch-konservative OECD erkennt Handlungsbedarf Deutschlands zum Ausgleich der Wettbewerbsfähigkeit

Jetzt kommen langsam auch die marktradikalen Ökonomen der OECD auf den Trichter: Für den Ausgleich der in der Eurozone auseinandergelaufenen Wettbewerbsfähigkeit und die daraus resultierenden Leistungsbilanzdefizite sind nicht nur die Defizitländer, sondern auch die Überschussländer verantwortlich.

Entsprechend heißt es in der neuen, vorläufigen Ausgabe des Wirtschaftsausblicks der OECD:

Aktuelle Nachrichten und Hintergrund: Bilfinger-Vorstandschef Koch malt schwarz bei Strompreisen für Industrie – Strompreisstatistik ergibt gegenteiliges Bild

Gestern erst hat Wirtschaft und Gesellschaft die deutschen Strompreise im internationalen Vergleich untersucht. Heute malt der Vorstandsvorsitzende des Baukonzerns Bilfinger und ehemalige hessische Ministerpräsident (CDU), Roland Koch, im Interview der Woche mit dem Deutschlandfunk schwarz: Die Politik müsse den Anstieg der Strompreise für die Industrie begrenzen, meldet der Deutschlandfunk schon vor Ausstrahlung des Interviews in seinen 9 Uhr Nachrichten:

Clemens Fuest, ein typisch deutscher Ökonom, weil realitätsfremd

Clemens Fuest, man mag es kaum glauben, ist tatsächlich Professor an der Universität Oxford – allerdings für Unternehmensbesteuerung und nicht für gesamtwirtschaftliche Fragen. Aber er ist eben auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium. Vielleicht fühlt er sich dadurch bemüßigt und befähigt, sich zur Fiskal- und Wirtschaftspolitik Frankreichs zu äußern. Gruselig die Vorstellung, dass, sollte das Vorhaben des Finanzministers denn tatsächlich umgesetzt werden, den deutschen Sachverständigenrat ein Gutachten für Frankreich erstellen zu lassen, auch Fuest ein Wörtchen mitzureden hätte. Warum das so gruselig ist, zeigt diese Aussage von ihm, die er gestern im Interview mit dem Deutschlandfunk vorbrachte:

Die Meuterer: Bundesbank-Ökonomen vernebeln Ursachen für Eurokrise und Auswirkungen auf deutsche Konjunktur

Stellen Sie sich vor, sie stehen fiebernd vor dem Arzt ihres Vertrauens und der erklärt ihnen ihren Zustand mit “Unsicherheiten” und “empfindlich eingetrübten Erwartungen”; oder stellen sie sich vor, sie sind arbeitslos und erklären ihrem im öffentlichen Dienst eingestellten Gegenüber bei der Bundesagentur für Arbeit, der ihnen gerade einmal wieder 100 Euro von ihrem ohnehin nicht zur Existenz reichenden Hartz IV Satz kürzen will, dass sie sich bereits verschulden müssen, um zu überleben, und der antwortet ihnen, dass sie ihre Schulden halt abbauen müssen, und murmelt noch etwas von “wirtschaftlichen Unwägbarkeiten”. Das trifft ungefähr das Niveau und vielleicht auch den Zynismus, die Bequemlichkeit, die ideologische Verbohrtheit oder eben den mangelnden Intellekt hochbezahlter Bundesbank-Ökonomen.

Aktuelle Nachrichten und Hintergrund: Merkel meint Wettbewerbsbedingungen Portugals hätten sich verbessert – das trägt nicht

“Bundeskanzlerin Merkel hat die Sparanstrengungen Portugals gelobt. Nach Gesprächen mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten Passos Coelho in Lissabon bescheinigte die Kanzlerin der Regierung mutiges Handeln. Die Wettbewerbsbedingungen in dem Land hätten sich verbessert”, meldete der Deutschlandfunk gestern in seinen 17 Uhr Nachrichten.

Eurokrise: Irland – wirklich ein “herausragendes Beispiel” (Merkel)?

“Euro-Schuldenkrise – Merkel lobt große Reformfortschritte Irlands”, ist ein aktueller Beitrag bei FAZ online überschrieben. “Das Land sei ein herausragendes Beispiel dafür,” gibt die FAZ die Bundeskanzlerin wieder, “wie Europa aus der Krise kommen könne.”

Schuldenschnitt lenkt von ursächlichen Problemen ab

Die einen wollen ihn offenbar, die anderen fürchten ihn. So berichten , dass die so genannte Troika einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland erwägt. Schäuble “fürchtet” diesen, ebenso wie der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Müller.

Aktuelle Nachrichten und Hintergrund zur Eurokrise: Chef von Euro-Rettungsschirm verwechselt Ursache und Wirkung – und erweist sich als zynischer Vollzugsbeamter

Diese Meldung sendete der Deutschlandfunk heute früh in seinen Nachrichten:

“Samstag, 06. Oktober 2012 07:00 Uhr

Chef von Euro-Rettungsschirm sorgt sich um Reformbereitschaft

Gabriel gibt zu erkennen: Auch SPD hat immer noch kein Konzept gegen Eurokrise – eine Ursachenanalyse

Man mag kaum noch hinhören, wenn der SPD-Chef sich zu Wort meldet; weil er aber nun einmal Deutschlands größte “Oppositions”-Partei repräsentiert, die der Bundesregierung Paroli bieten müsste, kann man ihn nicht ausblenden, ohne den Parlamentarismus gleich als Ganzes aufzugeben. Dass die SPD aber bis heute keine Alternative zur Politik der Bundesregierung in der zentralen Frage der Eurokrise anzubieten weiß, hat Sigmar Gabriel gerade erst wieder in einem Interview deutlich gemacht. Auch wenn Gabriel jetzt mit seiner Bankenschelte zwischendurch mal wieder etwas den Klassenkämpfer spielt, im Kern unterscheiden sich weder seine Ursachenanalyse noch seine Politikvorschläge zum Umgang mit der Eurokrise von der der Bundesregierung.

“Something is rotten in the state of Germany” oder: Ein Einfaltspinsel namens Weidmann

Jens Weidmann

Jens Weidmann, Chef der deutschen Bundesbank und Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank, hat in einer Rede vor dem Chatham House die Leistungsbilanzungleichgewichte innerhalb der Eurozone adressiert. Seine Ausführungen machen ein weiteres Mal die einseitige deutsche Position deutlich. Und auch sonst ist einiges faul im deutschen Staate – allerdings anders, als Weidmann meint.