Ägyptens langer Marsch zur Revolution? Er könnte auch entlang ökonomischer Liberalisierung von Staat und Außenhandel verlaufen sein

Im Rahmen unserer Analyse zu Ägypten haben wir auf Basis der dort angestellten Überlegungen unter anderem auch die Entwicklung der Einnahmeseite des Staates abgebildet. Ein Ergebnis war, dass der Anteil der Einnahmen aus Steuern auf den internationalen Handel seit der Jahrtausendwende beständig rückläufig ist. Noch auffälliger ist der Vergleich mit den Jahren 1990 bis 1997 (zwischen 1998 und 2001 klafft eine Datenlücke), in denen der Anteil der Einnahmen aus Steuern auf den internationalen Handel deutlich höher lag. Das kann zwei Gründe haben: Entweder hat sich der Außenhandel negativ entwickelt und/oder der Außenhandel wurde liberalisiert, also die Steuern auf den internationalen Handel gesenkt oder beseitigt. Und in der Tat offenbarte eine kurze Suche, dass Ägypten, wie viele andere Länder des Kontinents, verschiedene “Strukturanpassungsprogramme” von IWF und Weltbank durchlaufen hat, die entsprechende Liberalisierungen vorsehen. Zuerst Mitte/Ende der 1980er Jahre, konsequent dann Anfang/Mitte der 1990er Jahre.

Die Liberalisierung des Außenhandels hat aber für Länder mit einem wirtschaftlichen Entwicklungsniveau wie Ägypten in der Regel nicht nur besondere Bedeutung für die Staatseinnahmen und damit für den staatlichen Handlungsspielraum, die Entwicklung des Landes voranzutreiben. Der Abbau oder die Beseitigung von Außenhandelssteuern und Zöllen setzen die heimische Wirtschaft auch verstärkt oder vollkommen dem internationalen Wettbewerb aus. Das kann bereits aufgebaute Produktionszweige, die aber noch nicht soweit entwickelt sind, dass sie im internationalen Wettbewerb bestehen können, in ihrer Existenz gefährden und den geplanten Aufbau neuer Industrien erschweren bzw. unmöglich machen.

Schließlich hat der Außenhandel für Länder mit noch schwachem Industrialisierungsgrad die besondere Bedeutung, den zumeist noch fehlenden bzw. schwach ausgebildeten Kapitalgütersektor (Maschinen, Ausrüstungsgüter) zu substituieren. Das setzt voraus, dass das betroffene Land genügend Exporteinnahmen generieren kann, um jene Importe finanzieren zu können. Das ist auch deswegen von Bedeutung, weil Maschinen und Ausrüstungsgüter Produktivitätsgewinne bedeuten, die notwendig sind, um im internationalen Handel dauerhaft bestehen zu können, und um im Inland die Basis für steigenden Wohlstand zu legen. Gerade letzterer Zusammenhang hat sich wiederum als ausschlaggebend erwiesen, um den “sozialen Kompromiss”, den eine Demokratie westlichen Zuschnitts unbedingt erfordert, sicher zu stellen. Grund genug also, zu untersuchen, wie sich jene Größen in Ägypten entwickelt haben. Eine Analyse hierzu folgt im Abonnement von Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung.

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